Coaching: Wunsch nach staatlicher Kontrolle

shutterstock Mathias Rosenthal

82 Prozent der Coaches wollen eine staatlich anerkannte Berufsbezeichnung, die nur ausgebildete Coaches verwenden dürfen. Das ergab die Marktanalyse.

Coaching steht unter massiver Kritik. Coaches locken mit dem Traum von Selbständigkeit, Freiheit und Selbstverwirklichung. Sie werben mit Porsche, dem eigenem Haus in Dubai und einem Millionen-Einkommen. Der Strukturvertrieb hat das Coaching entdeckt. Abzocke statt Hilfe. Mit geschickten Marketing-Tricks gelingt es ihnen, Ratsuchende zu ködern – oftmals mit einem bösen Erwachen. Tausende von Euro sind weg, die Betroffenen noch verzweifelter.

Auch so mancher Esoterik-Coaches richtet mehr Schaden als Nutzen in der Psyche seiner Anhänger an. Denn Coach kann sich jeder nennen. Vom Verkäufer über den Journalisten bis hin zum ehemaligen Manager – auch ohne jede Ausbildung. Längst positionieren sich etliche Coaches auf der Suche nach Klienten prominent in den Medien, schreiben Artikel oder Bücher oder treten als Speaker bei Kongressen oder im Fernsehen auf. Manche bauen regelrechte Coaching-Imperien auf. Doch wer am bekanntesten ist, ist nicht unbedingt auch ein guter Coach.

Wie soll ein Klient wissen, ob ein Coach seriös ist? Zwar gibt es zahllose Verbände, die Qualität versprechen, aber manchmal vor allem Mitglieder suchen und sich selbst feiern. Und selbst in so manchen seriösen Verband werden Coaches aufgenommen, die mit fragwürdigen esoterischen Methoden arbeiten. Coaching ist Verruf geraten. Das Problem betrifft auch die etablierten und seriösen Coaches.

Die Coaching-Marktanalyse 2024 von Christopher Rauen fragte daher die Meinung von Coaches dazu ab. 755 Coaches antworteten. Und siehe da, 82 Prozent stimmen die Coaches der Aussage zu, dass „Coach“ eine staatlich anerkannte Berufsbezeichnung sein sollte, die nur ausgebildete Coaches verwenden dürfen.

Allerdings stimmen erfahrene Coaches der Aussage nicht so dezidiert zu wie weniger erfahrene Coaches. Das lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass Coaches, die am Anfang ihrer Karriere stehen, größere Schwierigkeiten haben, im Markt ihre Professionalität unter Beweis zu stellen.

Den Professionalisierungsgrad der Coaching-Branche bewerten die Befragten mit einem Mittelwert von 55 Prozent (auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent). Fast die Hälfte (45 Prozent) der Coaches bezeichnet die Branche daher als nicht professionell. Das sind alarmierende Zahlen!

59 Prozent sprechen sich dafür aus, dass die Coaching-Ausbildung ausschließlich in staatlich anerkannten Ausbildungsinstituten erfolgen sollte. Die Frage nach einer staatlichen Kontrolle privater Ausbildungsinstitute befürworten 63 Prozent der befragten Coaches. Eine Kontrolle würde bewirken, dass unseriöse Anbieter weniger Chancen im Markt hätten.

Doch auf welche Kriterien und Standards würde sich die Kontrolle beziehen? Diese Frage versuchen die in Deutschland gegründeten Coaching-Verbände zu beantworten. Mehr als 20 Verbände gibt bereits in Deutschland. Zwar gibt es den Roundtable Coaching. Doch dort sind nur fünf Verbände Mitglied. Andere Verbände haben ihre eigenen Standards, ob die immer eingehalten werden, ist fraglich. Wer will schon ein zahlendes Mitglied vergraulen?

So ist es auch kein Wunder, dass 77 Prozent der befragten Coaches der Meinung sind, dass die Coaching-Verbände sich aktiver um eine Professionalisierung bemühen müssen. Eine Ohrfeige für die Verbände, die zeigt, dass Selbstregulierung nicht funktioniert.

Dennoch setzen Unternehmen, die Coaches beschäftigen, auf bestimmte Verbände, um sich abzusichern. Das kann eine gewisse Sicherheit geben, muss aber nicht – siehe oben.

Bärbel Schwertfeger Bild

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin, seit 1985 freie Journalistin und Chefredakteurin von WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE.

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